Johann Heinrich Pestalozzi- sein Leben und Werk 

 

Pestalozzis Vater war Wundarzt und starb früh; Heinrich war gerade 5-jährig. So wuchs denn dieser, wie er später bezeugte, als „Weiber- und Mutterkind“  auf, war „gehütet wie ein Schaf, das nicht außer den Stall darf“ und „kam nie zu den Knaben seines Alters auf die Gasse, kannte keines ihrer Spiele, keine ihrer Übungen und Geheimnisse“.

Pestalozzis glaubte später, seine Unbeholfenheit in praktischen Dingen wurzelten in dieser Einschränkung seiner Kindheit.

Aber er hatte auch einen Großvater, der Pfarrer war und in Höngg, einem kleinen Weinbauernhof wohnte. Hier sah er das Elend der armen Bevölkerung und nahm sich schon früh vor später die „ Quellen des Elends zu stopfen“.

 

Pestalozzi durchlief alle Schulen, wollte zuerst Pfarrer werden, wechselte dann zum Rechtsstudium, brach aber dieses vorzeitig ab und absolvierte als 21-Jähriger bei einem Musterbauern im bernischen Kirchberg eine landwirtschaftliche Lehre.

Das hing damit zusammen, dass er sich einem Studentenbund angeschlossen hatte „die Patrioten“ die sich an Rousseau , dem Naturphilosphen, orientierten.

Für ihn waren die Vaterlandspflichten wichtiger als Ehefrau und Familie. Dies schrieb er schon seiner damaligen Braut, obwohl er sehr in sie verliebt war.

 
Er erwarb auf dem Birrfeld ein mehr oder weniger brach liegendes Weideland, um  es durch Düngung und Einführung neuer Gewächse intensiv zu bewirtschaften. Es folgten Missernten und nach wenigen Jahren war Pestalozzi bankrott.
Die Familie seiner Frau musste zum ersten Mal einspringen.
 
Dann stieg er ins Baumwollgeschäft. Er belieferte die Bauern mit dem Rohstoff und verkaufte die gesponnene Ware und Gewebe. Für diese Heimarbeit wurden damals auch Kinder eingesetzt. So begann er, herumstreunende Bettelkinder auf den Neuhof mitzunehmen, um ihnen den Feldbau, das Spinnen und Weben beizubringen und sie gleichzeitig zu schulen und zu erziehen. Diese Armenanstalt sollte selbsttragend sein. Die geschickteren Kinder sollten länger bleiben und das Gelernte den Kleineren beibringen. Aber es kam anders. Sobald Pestalozzi diese aufgepäppelt, neu eingekleidet und Spinnen und Weben beigebracht hat, wurden diese von ihren Eltern abgeholt und sollten zuhause das Gelernte umsetzen. Pestalozzi wollte von der Öffentlichkeit Geld und Unterstützung. Aber der Schuldenberg wurde immer größer und als sein Bruder ihn auch noch bestahl und für immer verschwand, brach das zweite  Unternehmen zusammen. Seine Frau hatte sich krank gearbeitet und die 40 teilweise sehr verwahrlosten Kinder, hatten auf das eigene Kind Jean-Jacques keinen besonders guten Einfluss.
 
Dadurch redete man in der Öffentlichkeit sehr schlecht über Pestalozzi. Er hatte  nur noch wenige Freunde.
 
Pestalozzis hatte keine andere Möglichkeit öffentlich zu wirken, als durch Schriftstellerei. Er schrieb den 1. Teil von „Lienhard und Gertrud“. Dieses Buch war ein überwältigender Erfolg. In vier Bänden entwickelte er ein gesellschaftliches Modell, das alle Willkür durch das Recht ersetzen sollte.
 
Seine Frau jedoch weilte oft bei ihrer Freundin Gräfin Franziska Romana. Pestalozzi drohte so alleine auf dem Neuhof zu verwahrlosen und wurde zum Gespött der Leute. Allmählich verdüsterte sich sein ursprünglich positives Menschenbild und er überlegte: Was ist ein Mensch? Er schrieb wieder ein Buch:
„Meine Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts“.
 
Pestalozzi war für die Französische Revolution, aber gegen jede Gewalt. Er wurde als einziger Schweizer- neben Schiller, Washington, Wieland- 1792 auf der Nationalversammlung zum Ehrenbürger erklärt. Als beim Einmarsch der Franzosen sehr brutal mit den Menschen umgegangen wurde, sammelte er Waisen ein und betreute sie.
 
Nun war er also wieder praktisch tätig. Das war für ihn wie eine Neugeburt.
Seiner Frau und deren Freundin auf dem Schloss Hallwil schrieb er, er verwirkliche „eine der größten Ideen der Zeit“. Dabei merkte er, wie schlecht das Volk gebildet war. Im  Alter von 54 Jahren fasste er deshalb den Entschluss Schulmeister zu werden.
 
Der Erfolg seiner Lehren war eklatant, sodass er ein privates Institut gründete und dies mit seiner eigenen Klasse verschmolz. Pestalozzi fand tüchtige Mitarbeiter und gemeinsam entwickelten sie neue, unbekannte pädagogische Wege, was dem Institut in kürzester Zeit internationalen Ruf eintrug.
 
Nach dem Krieg beanspruchte Bern das Schloss in dem er sein Institut hatte für seinen Amtsmann und bot das verlotterte Johannesstift zu Münchenbuchsee als Ersatz.
Eine endgültige Bleibe fand Pestalozzi schließlich im Schloss Yverdon, das ihm vom jungen Kanton Waadt auf Lebenszeit unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. Hier konnte er endlich eine umfassende pädagogische Tätigkeit entfalten, pflegte mit allen Herren Ländern Beziehungen und entwickelte seine „Idee der Elementarbildung“, das er in seinem letzten Werk „Schwanengesang“ darlegte.
 
Pestalozzis Lebensgang war eine lange Folge von Versuch und Scheitern. Alles begann hoffnungsvoll  und endete kläglich oder tragisch, so auch in Iverdon.
Die Lehrer ruinierten das Institut, als sie sich um seine Nachfolge stritten.
 
So ging er mit ein paar Zöglingen zurück nach Neuhof, wo er als 80-jähriger mit der Errichtung einer neuen Armenanstalt – dem  immerwährenden Traum seines Lebens begann.
Er hatte in seinem Buch „Meine Lebensschicksale“ die Iverdinger Ereignisse aus seiner Sicht dargestellt. Die Partei seiner Gegner verfasste eine Schmähschrift gegen ihn, die ihn aufs Krankenlager und schließlich aufs Totenbett warf. Er verstarb am 17. Februar unter der Obhut seines Arztes zu Brugg. Er hatte nicht mehr die Möglichkeit sich gegen die Schmähschrift zu verteidigen.
 
Pestalozzis hat ein gewaltiges Schriftwerk hinterlassen. Seine gesamten Schriften und Briefe gibt es in einem Werk von 50 Bänden.
 
Zusammengefasst nach Dr. Arthur Brühlmeier

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